DIN 1946 Teil 6 (Mai 2009)

 

Seit Mai 2009 ist die DIN 1946 Teil 6 Raumlufttechnik gültig.
"Lüftung von Wohnungen- Allgemeine Anforderungen, Anforderung zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung"
 
In dieser Norm wird für neu zu errichtende oder modernisierende Gebäude ein Lüftungskonzept gefordert. Das Lüftungskonzept umfasst die Feststellung der Notwendigkeit von lüftungstechnischen Maßnahmen und die Auswahl des Lüftungssystems. Dabei sind bauphysikalische, lüftungs- und gebäudetechnische Maßnahmen zu beachten.
Dabei ist die Forderung nach einem hygienisch notwendigen Luftwechsel keine neue Erkenntnis, sondern eine konsequente Umsetzung von über 100 Jahren bekannten Tatsachen des Herrn Pettenkofer und der seit Jahren anerkannten und bauaufsichtlich eingeführten DIN 4108 sowie der EnEV 2009, wobei dort ein noch höherer Luftwechsel gefordert wird.
Leider sin in diesen Normen keine Angeben aufgeführt, wie dieser Luftwechsel realisiert werden soll.
Mit der DIN 1946-6 gibt es erstmals ein Regelwerk, in dem dies beschrieben wird, auch wenn es in dieser Norm einige Kritikpunkte gibt.
 
Die Norm gilt auch für bestehende EFH (Ein Familien Häuser) und MFH (Mehr Familien Häuser) bei denen mehr als 1/3 der Fenster ausgetauscht werden!
Bei EFH gilt dies zusätzlich wenn mehr als 1/3 der Dachfläche abgedichtet wird!

Das Lüftungskonzept muss nicht zwangsläufig zu einer kontrollierten Wohnungslüftung führen, der Feuchtemindestschutz muss aber immer gewährleistet sein.
 
Ablüfter, wie sie z.B. in fensterlosen Bädern gefordert sind, können als lüftungstechnische Maßnahme ausreichend sein, wenn der Luftvolumenstrom zum Feuchteschutz erreicht wird und alle Räume der Nutzungseinheit gleichzeitig durchströmt werden. Die Auslegung nach DIN 18017 Teil 3 entbindet nicht der Pflicht nach einem berechneten Lüftungskonzept nach DIN 1946-6!
Der nach DIN 18017 Teil 3 (September 2009) vorgeschriebene Abluftvolumenstrom kann aber nur dann erreicht werden, wenn eine gleich große Luftmenge nachströmen kann. Dies ist wegen der geforderten Gebäudedichtheit nur mit geeigneten ALD (Außenluftdurchlässe) an der Außenwand möglich. Die Praxis zeigt jedoch, dass die ALD in manchen Fällen zugeklebt werden, da sie die Nutzer von dem kalten Luftstrom unangenehm beeinträchtigt fühlen. Da die in den Bädern abgesaugte Luft viel Energie (Raumwärme + Enthalpie der Feuchte) besitzt, muss die nachströmende Luft wieder aufgewärmt werden. Reine Abluftgeräte mit Nachströmöffnungen (ALD) an der Gebäudehülle sind ohne Wärmerückgewinnung und verschlechtern deshalb die Energiebilanz eines energetisch sanierten Gebäudes erheblich. Sie werden deshalb in der Zukunft gegenüber den Systemen mit WRG an Bedeutung verlieren.
Bei der ventilatorgestützten Wohnungslüftung wird der Nachweis einer luftdichten Gebäudehülle (Blower-Door Test) geordert, der aber eigentlich immer geschuldet ist.
 
Leider ist nach unserer Meinung die Norm wenig praxisrelevant, es gibt eine Vielzahl von Berechnungsformeln bei denen der Feuchteschutz auch "schöngerechnet" werden kann.
In der Norm gibt es bei Gebäuden nur einen:
niedrigen Dämmstandard vor 1995(ƒWS 0,3)
und einen „hohen Dämmstandard“ nach 1995(ƒWS 0,4)
Der Faktor ƒWS hat aber einen großen Einfluss auf den Mindestaußenluftvolumenstrom.
Das bedeutet:
Ein Gebäude von 1890 wird gleichgesetzt mit einem Gebäude 1970, oder
ein Gebäude mit der WsVO95 wird gleichgesetzt mit einem Gebäude EnEV 2002.
Trotzdem ist es ein Instrument das Architekten und Fachplaner aus haftungstechnischen Gründen ernst nehmen müssen.
 
Eine Wohnungslüftung ist die logische und konsequente Fortsetzung eines energetischen Gebäudekonzeptes das den heutigen Komfortansprüchen Rechnung trägt. Wer einmal in einer belüfteten Wohnung gelebt hat, wird nur ungern in eine "normal" gelüftete Wohnung umziehen.
 
Seit wann gilt die Norm?
Der Weißdruck erschien Mai 2009 und ist bindend. Nach geltender Rechtsprechung muss ein Planer auch den Gelbdruck (Vornorm) mit berücksichtigen. Der Gelbdruck erschien 2006, alle Sanierungs- und Neubaumaßnahmen seit 2006 müssten eigentlich einen Nachweis zum Feuchteschutz besitzen.
 
Wichtig!
Normen sind Mindestanforderungen die nur ausgesetzt werden können wenn gleichwertige oder höherwertige Maßnahmen, nach den anerkannten Regeln der Technik, eingesetzt werden.
 
Was ist die Konsequenz?
 
Lüften wird zur Vermietersache!
 
Was bisher weniger beachtet wurde, aber eine nicht unerhebliche Rolle spielen kann:
  •  Wie verhalten sich alle Lüftungssysteme, wie auch die mechanischen Systeme, wenn die Bevölkerung aufgerufen wird Fenster und Türen zu schließen? Es gibt einige Kunden in der Nähe von Chemiewerken die sich Lüftungssysteme aus Sicherheitsgründen nicht einbauen lassen, der aktuelle Fall in Japan macht dies deutlich.
  • Wie verhalten sich alle Lüftungssysteme bei einem Brand mit starker Rauchentwicklung (z.B. an der Fassade)? Wobei von den „passiven“ Systemen wie Fensterfalzlüfter weniger Gefährdung ausgehen dürfte.
Es wäre wünschenswert, wen sich die Normgremien auch mit diesen Themen, vor allen den Brandschutz eingehender befassen würden.
 
Weitere Infos beim Fachverband Gebäude Klima e.V. unter www.fgk.de/Home/Literatur/FGK_STATUS-REPORT/fgk_status-report.php


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